ENERGIE-EFFIZIENTE BEWÄSSERUNG FÜR INDISCHE BAUERN

Produktivitätsgewinn? Ein Zuckerschlecken!

Juli 20188 min readKlimafinanzierungAgriculture, Energy

Rund 30% der weltweit verfügbaren Energie fliesst derzeit in die Nahrungsmittelsysteme – die zudem noch stark von fossilen Brennstoffen abhängen.[1] Die indische RBL Bank, Kundin eines von responsAbility verwalteten Klimafonds, zeigt wie Bauern durch Energiekredite für nachhaltige Bewässerung ihre Produktivität steigern. Das Ergebnis: ein interessantes Geschäftsfeld für die Bank, höhere Einkommen für die Bauern und Klimaschutz für die Welt durch reduzierten CO2-Ausstoss und Wasserverbrauch.

 

So einfach verschlägt es Reisende nicht nach Karadga. Der Mahalaxmi Express von Mumbai in die nächstgrössere Stadt Kolhapur braucht für die 518 km nicht weniger als elf Stunden. Von dort geht es noch eine Stunde lang per Auto weiter Richtung Südosten, vom südlichen Maharashtra über die Grenze in den Bundesstaat Karnataka, vorbei an Feldern und Feldern und Feldern.

Neben 50 Mio. Bauern und ihren Familien bietet die Zuckerindustrie Beschäftigung für weitere 2 Mio. Menschen wie diese Wanderarbeiter.

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Karadga ist ein Dorf mitten im indischen Zuckergürtel. Jetzt, Anfang November, steht das Zuckerrohr meterhoch, auf den Strassen begegnen einem immer wieder Fuhrwerke mit Erntearbeitern. Ganze Familien ziehen auf Vehikeln aller Art durchs Land, um sich auf den Feldern zu verdingen. Unter Bäumen am Wegrand schlagen sie ihre Lager auf. Die Frauen kochen, die Kinder spielen – und die Männer machen sich an die beschwerliche Arbeit.

Erntereif: Überall auf den Strassen rund um Karadga wird Zuckerrohr transportiert

Süsser Rohstoff

Zuckerrohr wird seit rund 3‘000 Jahren auf dem Subkontinent angebaut. Von Asien aus breitete es sich über die alten Handelsstrassen zunächst nach Nahost und dann in die ganze Welt aus und blieb bis zur Züchtung der Zuckerrübe aus der Runkelrübe Mitte des 18. Jahrhunderts die einzige Rohstoffquelle zur Zuckergewinnung. Heute dient es als Basis für rund 70%[2] der gesamten Zuckerproduktion.

Indien ist nach Brasilien der weltweit zweitgrösste Produzent von Zuckerrohr. Der Anbau ist aufwändig. Zunächst werden Stecklinge, Halmstücke aus dem unteren Bereich der Pflanze, in den Boden gelegt und leicht bedeckt. Nach ein bis zwei Wochen bilden sie Wurzeln und treiben neue Halme aus. Bis zur Ernte vergehen 9 bis 24 Monate – je nach Zuckergehalt und Reifegrad.

Rund um Stecklinge treiben neue Halme aus.

Durstige Halme

Damit die Rohre prächtig emporschiessen, benötigt die Pflanze Sonne, Wärme – und jede Menge Wasser. Im tropischen südlichen Indien ist nur letzteres nicht im Überfluss vorhanden. Nach den Monsunregen zwischen Juni und Oktober fällt monatelang fast kein Niederschlag, und spätestens gegen Ende der Trockenzeit wird Wasser zur absoluten Mangelware.

Ein indisches Sprichwort besagt, dass ein einziges Zuckerrohr im Jahr so viel Wasser braucht wie ein Baby.

Glücklich die Bauern, deren Felder in der Nähe von Flüssen liegen! Am Ufer des Dudhganga sind gleich Dutzende von ihnen mit langen Schläuchen am Werk, durch die sie Wasser in Richtung ihrer Anbauflächen transportieren.

Bauern installieren Pumpen am Ufer des Dudhganga.

Die meisten der Pumpen, die dabei zum Einsatz kommen, werden mit Diesel betrieben. In letzter Zeit aber gesellen sich immer mehr neuere, solarbetriebene Modelle in die Gemeinschaft am Flussufer. Die Mehrheit von ihnen wurden durch Energiekredite finanziert – seit 2013 ein fixer Bestandteil des Produktangebots der indischen RBL Bank.

Lokalmatador RBL Bank

RBL gehört zu Indiens am schnellsten wachsenden privaten Banken. Per Ende März 2018 bediente die Bank über 462 Geschäftsstellen und 388 Bankomaten 4,5 Millionen Kunden in 20 indischen Bundesstaaten. Auch wenn das Unternehmen heute zum grössten Teil von Mumbais Bankenzentrum aus geführt wird und längst alle Arten von Kunden betreut, hat RBL Bank ihren Ursprung doch im relativ abgelegenen Kolhapur mit seinem ländlichen Hinterland – und bis heute eine starke Ausrichtung auf die Bedürfnisse der ländlichen Bevölkerung.

RBL Bank Kolhapur: Hier im südlichen Maharashtra liegt der Ursprung der Bank.

Diese zu bedienen, ist nicht leicht, wie Manoj Rawat betont. Der Banker und Spezialist für Entwicklungsfinanzierung war von 2012 bis 2017 bei RBL Bank für den Bereich Agricultural & Rural Banking zuständig und massgeblich daran beteiligt, das Produktangebot für diese Zielgruppe auf- und auszubauen.

„In Indien lebt weiterhin ein Grossteil der Bevölkerung auf dem Land. Für Banken sind das schwierige Kunden: keine Kreditgeschichte, unzählige Lokalsprachen. Die meisten Geschäftsbanken scheuen diese Herausforderungen“, so Rawat. RBL Bank wagte sich an die Aufgabe – und ist heute sehr erfolgreich in dem Segment tätig. Das Produktangebot umfasst Kredite für Saatgut und Dünger, Maschinen, Lagerhäuser und, seit 2013, Kredite für „nachhaltigen Anbau“, die in erster Linie auf Energieeffizienz abzielen. Über USD 20 Millionen an Krediten hat RBL in den letzten fünf Jahren auf diesem Gebiet vergeben. Der Besuch in Karadga zeigt, wie sie wirken.

RBL Bank: Nachhaltige landwirtschaftliche Praktiken

RBL ist eine der führenden Banken, die in der Finanzierung landwirtschaftlicher Aktivitäten tätig sind. Die Bank setzt sich gezielt für die Förderung nachhaltiger und umweltfreundlicher Initiativen ein, zum Beispiel:

  • Förderung von Mikro-/Tröpfchenbewässerung

  • Installation von Solar-Pumpenaggregaten

  • Austausch alter, nicht energieeffizienter Pumpenaggregate

  • Installation energieeffizienter Milchkühltanks

  • Förderung der intensiven Pflanzenzucht in einer kontrollierten Umgebung mit minimalem Input etc.

Diese Initiativen reduzieren den Rohstoff- und Energiebedarf und führen zu einer besseren Bodenqualität sowie geringeren Treibhausgasemissionen. Ausserdem befähigen sie ausgegrenzte Gemeinschaften dazu, einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels zu leisten.

Besuch im Zuckerland

Laxman Ishavar Pasare nimmt uns mit in sein Reich. Der 55-jährige, in sechster Generation Bauer hier in Karadga, besitzt 8 ha Land. Auf rund der Hälfte dieser Fläche pflanzt er mit seiner Familie Zuckerrohr an, dazu Bananen, Gemüse und Getreide. Für Wasser sorgen sowohl der nahe Dudhganga als auch vier auf seinem Land gelegene Brunnen bzw. Wasserstellen.

Ist begeistert von der Tröpfchenbewässerung: Laxman Ishavar Pasare.

Dieses Wasser verteilt Laxman Pasare seit einem Jahr mittels einer Tröpfchenbewässerungsanlage auf seinen Zuckerrohrfeldern. Um diese zu installieren, wird um jeden Setzling, aus dem mit der Zeit mehrere Rohre wachsen, ein Schlauch gewickelt. Das aus dem Fluss oder den Brunnen herbeigepumpte Wasser tropft den ganzen Tag aus winzigen Löchern und bewässert gezielt das Erdreich um die Wurzeln.

Massive Ertragsteigerung

Das System wirkt wahre Wunder: Bis zu 50% steigen die Erträge der Zuckerrohrfelder durch diese Bewässerungsmethode, die der Pflanze gezielt genau so viel Feuchtigkeit zuführt, wie sie braucht, ohne dabei Nährstoffe aus dem Boden zu schwemmen. Laxman Pasare ist begeistert und zeigt uns geerntetes Zuckerrohr vor und nach der Umstellung auf das neue System. „Das längste Rohr war im letzten Jahr 6 m lang“, erklärt er stolz. „Davor waren es höchstens 4 m.“

Länger, schwerer, dicker: Laxman Pasare und seine Söhne sind stolz auf ihre Ernte.

Im Durchschnitt beträgt der Produktivitätsgewinn 30%. Dazu kommt, dass das System 40% weniger Wasser benötigt als die sonst angewandte Bewässerung durch Überflutung der Felder – Wasser, das in der Trockenzeit dazu verwendet werden kann, Gemüse anzubauen. „Der Wassermangel zwingt heute viele Bauern dazu, einen Teil ihres Landes während Monaten brach liegen zu lassen“, erklärt Manish Kumar, Product Head, Retail Agribusiness bei RBL Bank. „Dadurch entgehen der ländlichen Bevölkerung wichtige Einkünfte.“

Voraussetzung: Energie

Diese Art der Tröpfchenbewässerung steht und fällt damit, ob ein Bauer es sich leisten kann, seine Pumpen den ganzen Tag hindurch laufen zu lassen. Strom wird Landwirten von der Regierung zwar gratis zur Verfügung gestellt – dafür nur wenige Stunden, zumeist in der Nacht. Und die Alternative Diesel ist teuer.

„Unser grösstes Problem ist die unregelmässige Elektrizitäts­versorgung.“

Laxman Pasare

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„Das grösste Problem für die Bauern in Karnataka ist die unregelmässige Elektrizitätsversorgung“, betont denn auch Laxman Pasare. Seine Bewässerungsanlage betreibt er mit einer solarbetriebenen Elektropumpe, die von Paneelen, die in einem seiner Felder stehen, gespeist wird. „Zuverlässig und ohne grossen Wartungsaufwand“, wie er betont. „Mein Arbeitsaufwand für Bewässerung ist mit dem neuen System drastisch gefallen – und das bei erhöhter Produktivität.“

Solarbetriebene Pumpen halten das System am Laufen

Kredite für Bewässerung

Voraussetzung für die Umstellung ist das nötige Kapital. Dieses stellt RBL Bank in Form von Bewässerungskrediten mit einer Laufzeit von 3 bis 9 Jahren zur Verfügung. Das Potenzial für solche Kredite ist enorm, wie Manish Kumar betont. „Heute werden nur 45% aller landwirtschaftlich genutzten Flächen in Indien bewässert. Von diesen 45% wiederum verwenden nur 5-7% wassereffiziente Methoden wie etwa Tröpfchenbewässerung.“

„Heute werden nur 45% aller Landwirtschafts­flächen in Indien bewässert, die wenigsten davon effizient.“

Manish Kumar

Um das Potenzial zu erschliessen, spannt die Bank mit Unternehmen zusammen, die mit Bauern arbeiten und über entsprechende Netzwerke verfügen. „Zuckermühlen stellen den Kontakt zu ihren Vertragsbauern her und bezahlen nach der Ernte die Kreditkosten, ehe sie den Bauern den Rest ausbezahlen. Dieses Dreieckssystem macht es uns erst möglich, kostendeckend zu arbeiten.

Das wundermittel tröpfchenbewässerung

Tröpfchenbewässerung leitet winzige Wassertropfen direkt zu den Wurzeln der Pflanzen.

Zuckerrohr wächst dank effizienter Bewässerung um 30% höher – mehr Einkommen für Bauern.

Brunnen führen länger Wasser – Bauern können auch in der Trockenzeit Gemüse anbauen.

Energie-effiziente Pumpen werden durch Solarpaneele vor Ort betrieben – keine CO2-Emissionen.

Die richtigen Argumente

Für die Entwicklung von „grünen Krediten“ für Bauern in Drittweltländern ist es laut Manish Kumar entscheidend, die spezifischen Herausforderungen der Kunden zu kennen und Kreditprodukte perfekt auf diese masszuschneidern: „Unsere Kunden rechnen sehr genau: Wenn eine Massnahme nicht zu tieferen Kosten oder mehr Einkommen führt, lassen sie sich nicht überzeugen. Unsere Tröpfchenbewässerungssysteme bieten beides – dadurch profitieren sowohl die Bauern als auch die Umwelt.“

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[1] http://www.fao.org/energy/home/en/ [2] Verschiedene u.a. www.rohstoff-welt.de

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