Wie erkennt man Greenwashing?
In einer Welt, in der grüne Initiativen im Trend liegen, präsentieren Marken weltweit stolz ihre Umweltfreundlichkeit, da es heute als unmodisch gilt, nicht "grün" zu sein. Doch bekanntlich ist nicht alles Gold, was glänzt und nicht jede Behauptung von Nachhaltigkeit ist stichfest. Diese Praxis, bekannt als Greenwashing, kann Verbraucher und Investoren gleichermassen täuschen. Um dreiste Versuche von Greenwashing aufzudecken und zu unterbinden, wurden Brancheninitiativen wie die Science Based Targets Initiative (SBTi) sowie regulatorische Massnahmen wie die EU-Verordnung über die Offenlegung nachhaltiger Finanzprodukte (SFDR) und die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) etabliert.
Trotz dieser Bemühungen liegt die Verantwortung für die Entlarvung von Greenwashing immer noch weitgehend bei den Verbrauchern und Investoren. Es stellt sich also die Frage: Wie können wir Greenwashing erkennen?
Etiketten kritisch hinterfragen
Glücklicherweise gibt es mehrere Hilfsmittel, die den Verbrauchern helfen können, fundierte Entscheidungen zu treffen. Etiketten sind ein solches Hilfsmittel, das je nach der dahinter stehenden Organisation eine verlässliche Quelle sein kann. Im Allgemeinen wird ein Produkt als klimaneutral bezeichnet, wenn das Unternehmen die CO2-Emissionen berechnet, die während des gesamten Lebenszyklus des Produkts entstehen, und diesen Fussabdruck durch den Kauf von Emissionsgutschriften aus weltweiten Projekten kompensiert. Die Gültigkeit solcher Emissionsgutschriften kann je nach Art des zugrunde liegenden Projekts sehr unterschiedlich sein. Einige Labels haben eine reale Aussagekraft und können den Verbrauchern den Weg zu nachhaltigeren Optionen weisen, wie zum Beispiel Fair Trade, Rainforest Alliance, Energy Star oder Global Organic Textile Standard. Es ist jedoch wichtig, bei der Auswahl von Labels kritisch zu sein. Wenn ein Label nur für eine bestimmte Marke gilt, kann seine Bedeutung begrenzt sein. Kohlenstoffneutralitätssiegel haben beispielsweise an Beliebtheit gewonnen, geniessen aber einen zweifelhaften Ruf.
Behauptungen finanzieller Nachhaltigkeit prüfen
Der Trend, Produkte als nachhaltig zu vermarkten, hat sich bis auf den Finanzsektor ausgeweitet. Die Einführung der SFDR ermöglicht die Kategorisierung der Nachhaltigkeitsversprechen von Produkten, wobei Fonds, die als Artikel 9 gekennzeichnet sind, die strengste Einstufung darstellen und in der Regel auf ein aufrichtiges Streben nach Nachhaltigkeit hinweisen. Dennoch ist es immer wichtig, sich nach den nachhaltigen Zielen eines Fonds zu erkundigen und zu erfahren, wie diese in die Anlagestrategie und den Anlageprozess integriert sind. All diese wichtigen Informationen sollten auf der Website des Produkts oder in einem Anhang zum Verkaufsprospekt leicht zugänglich sein.
Gesamtheit des Geschäftsmodells betrachten
Ebenso wichtig ist es, das grundlegende Geschäftsmodell eines Unternehmens zu verstehen. Einige Sektoren tragen von Natur aus zu einer hohen Umweltverschmutzung bei, wie beispielsweise Öl und Gas, Zement und Fast Fashion. Wenn beispielsweise ein Bekleidungsunternehmen für seine "bewusste" Bekleidungslinie wirbt, sollte man sich fragen, ob dies wirklich ein Geschäftsmodell ausgleicht, das auf hohem Volumen, hohem Verbrauch und hoher Verschmutzung beruht. Im Gegensatz dazu gibt es Unternehmen, die in Sektoren mit hohem Schadstoffausstoss tätig sind und sich aber wirklich bemühen, ihr Geschäftsmodell zu ändern, um die Emissionen zu reduzieren.
Anzeichen für Greenwashing erkennen
Zu überprüfen, ob ein Unternehmen seine Emissionen tatsächlich reduziert, ist eine komplexe Aufgabe. Glücklicherweise gibt es einige Indikatoren, die einem schnell Klarheit verschaffen können, wie zum Beispiel:
Geringe Transparenz der auf Nachhaltigkeit bezogenen Berichterstattung.
Mangel an Daten aus der Vergangenheit, was Vergleiche von mehreren Jahren und eine konsistente Berichterstattung erschwert.
Nachhaltigkeitskonzepte mit vagen Formulierungen über Strategien und einem Mangel an konkreten Aktionsplänen, Zielen oder Erfolgen.
Berichterstattung, die sich ausschliesslich auf die direkten Emissionen des Unternehmens konzentriert oder keine Klarheit über die Art der angegebenen Emissionen (direkt oder indirekt) bietet.
Macht der Verbraucher und Investoren nutzen
Es ist wichtig zu begreifen, dass die Verantwortung für die Bekämpfung des Klimawandels nicht allein bei den Verbrauchern und Investoren liegen kann. Unternehmen, Banken, Regulierungsbehörden und Regierungen müssen alle ihren Beitrag leisten. Als Verbraucher und Investoren haben wir aber dennoch die Möglichkeit, unsere begrenzte Macht verantwortungsvoll zu nutzen, und das ist ein entscheidender Faktor im Wettlauf um die Verwirklichung des Klimaschutzes.
Die Enttarnung von Greenwashing erfordert Wachsamkeit und kritisches Denken. Wenn wir die oben angeführten Schritte gehen, können wir zu einer nachhaltigeren Zukunft beitragen und Unternehmen unterstützen, die sich wirklich für eine positive Umweltbilanz einsetzen.
Christine Bürgi
MSc in Environmental Sciences ETH
In charge of researching developments in climate science, climate-related engagement and maintaining responsibility's proprietary climate impact model and data